Wie auf Welt Online zu lesen ist, versucht sich die Stadt Ratingen gegen die Google Street View-Aufnahmen und die dazugehörigen Kamerafahrten zu wehren. Wie bereits Stuttgart und Hannover beschäftigt sich der Stadt Ratingen zur Zeit mit der Frage, ob diese Kamerafahrten ein Gemeingebrauch der Straßennutzung darstellt oder doch eher eine Sondernutzung, denn dann könnte man jeden gefahrenen Kilometer mit 20 Euro an Google berechnen. Bei der Stadt Ratingen kämen so 6180 Euro zusammen, da 309 Kilometer Strecke berechnet werden könnten. Für den Giganten Google eine Kleinigkeit, aber Ratingen hofft, dass andere Städte nachziehen und so eine empfindliche Summe zusammen kommen würde.
Die Problematik ist nicht neu und die Rechtsexperten der angesprochenen Stadt Stutgart sagen folgendes:
“Die Kernfrage zur Beurteilung der Google-Aktionen in straßenrechtlicher Hinsicht ist die Frage nach einer Abgrenzung, wann noch gesteigerter Gemeingebrauch vorliegt und wann bereits eine Sondernutzung gegeben ist. Einerseits wird die Rechtsauffassung vertreten, dass Google für die kommerziellen Aufnahmen eine Sondernutzungserlaubnis auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung benötigt und ohne diese Erlaubnis die Aufnahmen rechtswidrig seien. Dabei wird nicht verkannt, dass das Benutzen von Straßen und Wegen zur Fortbewegung und Kommunikation erlaubnisfrei ist und keine Sondernutzung darstellt. Aber die gezielte Erfassung ganzer Regionen zu kommerziellen Zwecken gehe weit über das hinaus, was man unter Gemeingebrauch versteht.
… Sowohl statische als auch dynamische Beeinträchtigungen des Widmungszwecks durch Google-Fahrzeuge seien nicht gegeben. Es würden weder feste Verkehrsflächen in Anspruch genommen, noch komme es zu Verkehrsbeeinträchtigungen im fließenden Verkehr. Damit biete sich aus dem Umstand, dass Google die Erfassung der Straßenräume von einem Kraftfahrzeug aus vornimmt, kein Ansatz für eine unerlaubte Sondernutzung. Diese Rechtsauffassung werde von der Fachkommission großstädtischer Straßenverkehrsbehörden des Deutschen Städtetags geteilt.
… Das Amt für öffentliche Ordnung sieht keine Möglichkeit, der Google-Aktion auf straßen-/ verkehrsrechtlicher oder polizeirechtlicher Grundlage entgegenzutreten…
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Rechtslage derzeit unklar ist, ob die Stadt Stuttgart Google die Fotoaufnahmen für Street View erfolgreich verbieten kann. Selbst wenn man von einer Sondernutzung ausgehen würde, gäbe es für Google immer noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu stellen und bei Ablehnung einzuklagen.“
Auch in Hannover gibt es eine Rechtseinschätzung:
“...Sie könnte nur tätig werden, wenn das Abfotografieren der Straßen von den Fahrzeugen aus eine erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellen würde.Hierzu hat allerdings das Verwaltungsgericht Karlsruhe bereits 1999 anlässlich vergleichbaren Aktion eines Telefonbuchverlages entschieden, dass das Befahren einer Straße mit einem Kleintransporter, um mit einer Präzisionskamera Abbildungen vom Straßenverlauf und Gebäudeansichten aufzunehmen, keine erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellt und von einer Kommune nicht untersagt werden kann.
Für die Beurteilung der straßenrechtlichen Zulässigkeit war entscheidend, dass keine über den Gemeingebrauch hinausgehende Beeinträchtigung des Verkehrs erfolgte durch die Aktion. Dies wird im Fall von Google nicht anders zu beurteilen sein. Aus den genannten Gründen sieht die Landeshauptstadt Hannover derzeit keine Möglichkeit, dagegen vorzugehen.”
Hier das Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe: Beschluss vom 1.12.1999, Az. 2 K 2911/99.
Selbst der schleswig-holsteinische Landtag hat sich bereits mit dieser Problematik befasst: Bericht des Landtages (PDF) von Februar 2009, also eine noch recht frische Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes.
„… Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass für eine generelle Unzulässigkeit der Kamerafahrten unter straßenverkehrsrechtlichen Gründen keine Anhaltspunkte vorliegen. Da das Befahren der Straßen auch im Rahmen der Widmung der Straßen erfolgt, ist von einem zulassungsfreien Gemeingebrauch durch die Kamerafahrzeuge auszugehen.“
Die einzige Möglichkeit sich gegen die Aufnahmen zur Wehr zu setzen, hat jeder Bürger selber und Google hat sich verpflichtet, zufällig aufgenommene Personen und Autokennzeichen unkenntlich zu machen. Wer sein Haus nicht aufgenommen haben möchte, hat die Möglichkeit Google dies mitzuteilen unter: per Mail an streetview-deutschland@google.com oder per Post an Google Germany GmbH, Betreff: Street View, ABC-Straße 19, 20354 Hamburg. Sollte das eigene Haus bereits aufgenommen sein, sein Haus auf Google Street View heraussuchen, auf „Problem melden“ klicken und der Navigation folgen. Mieter haben dieses Recht nicht, und so sieht die Stadtverwaltung Ratingen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt und kritisiert dies.
Ob Ratingen es auf einen Prozess ankommen lässt oder nicht, ist derzeit noch unklar, allerdings räumt die Stadt ein Prozessrisiko ein.
Mutig sich gegen den Internetgiganten Google zur Wehr zu setzen, obgleich es ziemlich düster aussieht, wenn man sich die rechtlichen Einschätzungen und auch das Urteil aus Karlsruhe anschaut.
Einschätzung Hannover aus einem Ratsprotokoll unter Punkt 2.5 : Hannoversche Einschätzung
Einschätzung aus Stuttgart: Stuttgarts Einschätzung