Jeder hat von den “Abmahnwellen” im Internet schon einmal gehört, die Zahl der Betroffenen steigt und die Zahl jener die sich in ihrem (legalen) Verhalten einschränken aus Angst versehentlich etwas falsch zu machen und damit in eine Abmahn-Falle zu tapsen, steigt. Nicht unberechtigt.
Aber es ist gar nicht nötig etwas “falsch” zu machen, denn es reicht wenn jemand “behauptet” man habe etwas falsch gemacht. Typisch Deutschland, haben wir eine umgekehrte Beweislage und die Unschuld lässt sich nicht beweisen, die Gerichte entscheiden in der Regel gegen den Angeklagten.
Der Gesetzgeber hat die Grundlage für einen illegalen Geschäftszweig gelegt und Abmahnungen zu einem lukrativen Geschäft werden lassen. Seit August 2008 ist das Verfahren um an Nutzerdaten von IP Adressen zu kommen, stark vereinfacht worden. Es ist seit dem möglich mittels Sammelverfahren Beschlüsse zum zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Providern zu erwirken. So werden heute in einer einzigen Anfrage bis zu 3500 Nutzerdaten auf einmal abgefragt, die bisher erteilten Auskünfte dürften schon die Millionengrenze überschritten haben.
Laut CT gab es im Oktober 2009 einen Fall, bei welchem wegen des Verdachts des Uploads über illegale Tauschbörsen, für einen EINZIGEN Song, über 11 Tausend Nutzerdaten von der Telekom freigegeben wurde, nachdem das Landgericht Köln die Auskunftsanfrage genehmigt hatte. Die Kostennote einer Abmahnung liegt im Schnitt zwischen 400 und 600 Euro. Bei 500 Euro und 11.000 Abmahnungen kommen wir auf die stolze Summe von 5.5 MILLIONEN Euro … für EINEN Song. Wer verdient schon 5.5 Millionen Euro mit 1 Tausend Downloads oder Verkäufen ?
Wer seine Musik über Musicload oder iTunes vermarktet, kann mit einem Gewinn von ca. 60 Cent je Download rechnen. Dies bedeutet um den Gegenwert der 11 Tausend IP Adressen zu erwirtschaften, müsste man 9,16 Millionen Downloads verkaufen. Illegalen Handel mit der Musik zu provozieren, zu verfolgen und ab zu mahnen, ist also weit aus lukrativer.
Aus diesem Scenario, haben sich ganz neue Geschäftsfelder eröffnet. Rechtsanwälte bieten Rechteinhabern kostenfrei Ihre Dienste an, bieten den Schutz Ihrer Urheberrechte an. Der Urheber muss für diesen Dienst nichts bezahlen, im Gegenteil. Die Firmen suchen nach Verstößen der Urheberrechte, nach illegalen Downloads, nach kopierten Text Stellen, Plagiaten und bei einem Treffer schreiben die Unternehmen über anhängige Kanzleien eine kostenintensive Abmahnung. In der Abmahnung fordert der Anwalt die Erstattung der Anwaltsgebühren nach Rechtsanwaltsgebührenverordnung (RVG), welcher seiner Mandantin angeblich entstanden sind.
Der Rechtsanwalt darf aber laut Gesetz dem Angemahnten NUR RVG Gebühren in Rechnung stellen, welche auch wirklich dem MANDANTEN in dieser Höhe entstanden sind. Stellt der Anwalt dem Mandanten diese Gebühren aber gar nicht in Rechnung, sind die Gebühren dem Mandanten nicht entstanden und dürfen vom Abgemahnten auch gar nicht gefordert werden. Leider halten die Kanzleien ihre Verträge mit den Rechteinhabern unter Verschluss, die illegale Geschäftspraktik damit nur schwer zu belegen.
Für das Opfer ist die Beweislast leider umgekehrt. CT berichtet von Fällen, bei denen die Abgemahnten Stein und Bein schwören das es sich um einen Fehler oder eine falsche Beschuldigung handelt. In einem Fall war ein Mann zum angeblichen Tatzeitpunkt für 3 Monate im Ausland, er kann dies mittels Bonusmeilen beweisen. Niemand hatte nach seinen Aussagen Zugang zu seiner Wohnung und sein Wlan war via WPA2 abgesichert. Nutzen tun ihm diese Einwände wohl kaum, das Gericht glaubt in der Regel den Klägern, hält alle vorgebrachten Einwände für bloße Ausreden und entscheidet mehrheitlich im Sinne der abzockenden Kläger.
Die Quelle der Datenerhebung, also die Liste der IPs die angeblich das Urheberrecht verletzt haben, wird aber leider oft von Firmen erhoben, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit den Kanzleien oder Rechteinhabern stehen oder gar im gleichen Bürogebäude residieren. Die angebliche Unabhängige Datenerfassung .. eine Farce.
Am 23 Januar hat die CT ausführlich über diese Problematik berichtet, sehr ausführlich mit Namen von Kanzleien , Firmen, Abmahnungen und verständlicher Darlegung der illegalen Aktivität und der Aussichtslosigkeit Betroffener, sich dagegen zu wehren.
CT hat beim Bundesjustizministerium um eine Stellungnahme unserer Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gebeten. Die Antwort war:
Dies sei derzeit nicht möglich. Die Ministerin sei noch nicht lange im Amt und müsse sich erst in die Thematik einarbeiten.
Traurig. Da werden zu Tausenden Bürger der Bundesrepublik Deutschland wehrlos in die Abmahnfalle getrieben, da füllen Rechtsanwälte und Kanzleien auf dem finanziellen Rücken der Bürger ganz offensichtlich illegale Spielchen und der Staat verschiebt jegliche Reaktion oder auch nur Stellungnahme auf unbestimmte Zeit, da man noch nicht eingearbeitet sei.
Wenigstens einer hat sich eingearbeitet und dieser Jemand muss für das Amtsgericht in Frankfurt zuständig sein. Das Amtsgericht in Frankfurt hat nämlich die Abmahnung einer der in der CT aufgeführten Anwälte/Kanzleien abgeschmettert. DigiProtect sei kein erstattungsfähiger Anspruch in Höhe von 651,80 Euro entstanden und da diese sich weigerten die Kostenabwicklung / Verträge zwischen Rechtsanwalt Udo Kornmeier und Mandant DigiProtect offen zu legen, konnte nicht erwiesen werden ob der Mandantin überhaupt Anwaltskosten entstehen, somit war der Fall ab zu weisen.
Das enge und zweifelhafte Verhältniss von Anwalt und Mandant war im CT Bericht am 23.01.10 sehr detailliert beschrieben worden. Das Urteil erging am 29.01.10 und ist daher noch nicht rechtskräftig.
DANKE an das Amtsgericht Köln für diese weise Entscheidung !
Ich hoffe das die Ministerin während der nächsten Jahre nicht zu beschäftigt ist um sich in Ihren Zuständigkeitsbereich ein zu arbeiten und dafür zu sorgen das es keine Selbstverständlichkeit ist, das Bürger sich gegen unberechtigte Beschuldigungen nicht wehren können nur weil jemand das Wörtchen “Urheberrecht” geflüstert hat, bei welchem ja heute gleich alles zusammen zuckt und der Schuldspruch scheinbar ungefragt auf dem Fuße folgt. Fraglich ist, warum der Bürger dafür zahlen muss, dass der Staat nicht aus den Puschen kommt um seine Bürger vor der artigem Missbrauch der Gesetze zu schützen.