Es war erst gestern, als der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, in einer Grundsatzrede im Rahmen der Aussprache zur „Lage der Union“ im Europäischen Parlament kostenloses freies WLAN in den Zentren „jedes europäischen Ortes und jeder Stadt“ versprach.
Da kannte er auch das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) noch nicht, nach dem jemand, der öffentliches WLAN anbietet, nur ein einziges Mal nicht in Anspruch genommen werden kann – danach kann die Abmahnindustrie, gelegentlich auch „Rechteinhaber“ genannt, erzwingen, daß das entsprechende WLAN mit einem individuellen Paßwort für jeden Nutzer verschlossen wird.
Ein typisches Urteil für die EU: Der Sieg der Interessen von Rechteinhabern und Konzernen über die berechtigten Anliegen der Bürger – in dessen Folge Europa als Standort von modernen, kreativen Internetlösungen noch weiter ins Abseits gestellt wird. Europäische Dienste wie Google, Facebook, Twitter oder Amazon dürfte es als europäisches Unternehmen unter diesen Umständen wohl kaum jemals geben.
Mit diesem Abmahnerfreundlichen Urteil wird Juncker sein vollmundiges Versprechen an die Zukunft einen Tag, nachdem er es abgegeben hat, wohl schon wieder kassieren müssen. Seine Rede soll aber sowieso nach diversen Medienberichten weniger von Aufbruch als von Resignation und Müdigkeit geprägt gewesen sein – Inspiration kommt anders über.