Wer sich als Softwareentwickler für einen neuen Job bewirbt, der erlebt es häufig, dass er in einem Vorstellungsgespräch gebeten wird, eine kleine programmiertechnische Aufgabe am Whiteboard zu lösen, um so einen Teil der in der Bewerbung angegebenen Kenntnisse „einfach“ zu belegen?

Jetzt haben Wissenschaftler der North Carolina State University die Auswirkung von Stress auf genau diese Situation untersucht und in einem Papier die erstaunlichen Ergebnisse dazu veröffentlicht.

Whiteboard-Coding mißt nicht die Skills, sondern den Stress

Die Forscher stellten dabei nämlich fest, dass mit Whiteboardcoding vor Publikum vorrangig nicht etwa die technischen Skills, sondern in erster Linie der Umgang mit sozialer Angst und Lampenfieber auf den Prüfstand kommt. Vielen Bewerbern wurden dabei Programmieraufgaben zu einem Problem, die sie auf einem Blatt Papier und ohne Zuschauer problemlos lösen konnten.

Damit habe die Softwareindustrie etwas erfunden, was dem Trier Social Stress Test sehr ähnele, mit dem Psychologen bei Probanden Stress herbeiführen.

Eine bessere Alternative, Programmierfähigkeiten zu testen

Besser als eine Aufgabe unter Beobachtung am Whiteboard lösen zu lassen ist es, eine Aufgabe zu stellen, dann den Kandidaten die Lösung auf Papier vorbereiten lassen und in dieser Zeit am besten den Raum zu verlassen.

So könnten die technische Kompetenz und deren Präsentation unabhängig voneinander überprüft und damit vermieden werden, dass eigentlich gut geeignete Jobkandidaten fälschlicherweise aussortiert werden.

Bei den Probanden fiel auch auf, dass sich besonders bei Frauen große Unterschiede bei den beiden Testvarianten zeigten, denn keine davon schaffte den Test an der Tafel, aber alle bestanden den Test auf Papier völlig problemlos.

Statt die Testbedingungen darauf anzupassen, habe die Industrie aber bisher lieber Bücher zur Vorbereitung auf diese Testsituation produziert oder wie beispielsweise Google empfohlen, die Situation „einfach“ zu üben.

Das Papier der Wissenschaftler soll später in diesem Jahr bei der ACM Joint European Software Engineering Conference and Symposium on the Foundations of Software Engineering vorgestellt werden.