Hedgefonds, die mit ihrer finanziellen Übermacht Kurse manipulieren und dann Kasse machen, werden gerne als „Heuschrecken“ bezeichnet.
Normalerweise bilden ja Heuschrecken riesige Schwärme, die die Felder ratzekahl leer fressen. Bei den Spekulationen gegen den Videospiele-Händler Gamestop, die Kinokette AMC und andere und anderere angeschlagene, in den USA börsennotierte Unternehmen ist es aber ein von Kleinanlegern gebildeter Schwarm, der den Heuschrecken (Hedgefonds) schon Milliardenverluste bescherte. Inzwischen haben sich auch schon die Justizbehörden eingeschaltet. Hier soll kurz erklärt werden, wie das funktioniert.
Was an den US-Börsen ablief
Über die Plattform Reddit zu einem Schwarm zusammengeschaltete Kleinanleger haben die Versuche der Heuschrecken, den Kurs der angeschlagenen Unternehmen finanziert durch Shorts (Leerverkäufe) weiter zu drücken, um dann durch entsprechende Wetten (Puts oder Calls) Milliarden zu machen (short sqeeze), komplett ausgehebelt und ins Gegenteil verkehrt.
Als die Heuschrecken schon 20 Milliarden Dollar Verlust sahen, setzten die von den Kleinanlegern genutzten Online-Aktienhandels-Plattformen wie zum Beispiel Robinhood den Handel mit den betroffenen Aktien einfach aus.
Das riecht sehr nach einer illegalen Verlustbegrenzungs(stop loss)-Maßnahme dieser Plattformen zugunsten der Hedgefonds aus…
Staatsanwalt untersucht Handelsbeschränkungen
Generalstaatsanwalt Ken Paxtonaus Texas teilte vorgestern mit, dass er schon Informationen von Robinhood und einigen anderen Online-Brokern angefordert habe, um zu überprüfen, ob bei den Beschränkungen des Handels mit Aktien von Gamestop und anderen Wackelfirmen alles mit rechten Dingen zuging.
Es stinkt nach Korruption
Anscheinend gebe es Absprachen zwischen Hedgefonds und Online-Handelsplattformen bzw. Web-Servern zur Abwehr von Bedrohungen von der Marktdominanz der Heuschrecken. Allerdings dürften Unternehmen der Wall Street nicht zu ihrem eigenen Vorteil den öffentlichen Zugang zum freien Aktienmarkt einschränken, ließ der Staatsanwalt wissen.
“Es stinkt nach Korruption”, hieß es zu den Vorgängen. Bei dem Konflikt stehen sich auf der einen Seite Hedgefonds (vulgo: Heuschrecken), die auf den Verfall von Aktien angeschlagener Firmen wetten, und auf der anderen Seite teils in Online-Foren wie Reddit organisierte Hobby-Anleger gegenüber, welche die Kurse mit konzertierten Käufen kräftig nach oben treiben – bis zu 8.000 Prozent!
Die Kleinanleger sehen sich benachteiligt
Nun sehen sich die Kleinanleger, die bei dem Kräftemessen zuletzt auf dem Siegespfad waren, letztlich durch die Handelsrestriktionen von Brokern wie zum Beispiel Robinhood um ihre Gewinne gebracht.
Mehrere der beteiligten Hedgefonds erlitten bei diesen Wetten extrem hohe Verluste im Milliardenbereich, weshalb der Verdacht aufkommt, dass ihnen jetzt die Online-Handelsplattformen den Rücken freihalten.
Zwar streiten Robinhood und Co. das ab, aber die Empörung ist nicht nur in der Kleinanleger-Community massiv, sondern auch in der US-Politik. Auch die Generalstaatsanwältin von New York, Letitia James, will jetzt ermitteln.
Der Handel geht (gebremst) weiter
Inzwischen gehen die Kapriolen der betroffenen Aktien auf den Kurstafeln wieder weiter. Die Handelsbeschränkungen vom Vortag wurden zumindest etwas gelockert, und die Aktien von Gamestop schlossen um 68 Prozent ins Plus. Auch die Papiere der ebenfalls stark im Fokus der Spekulanten stehenden Kinokette AMC legten um 54 Prozent zu.
Die erste Sammelklage gegen Robinhood läuft
Der Frust der Kleinanleger über Robinhood ist aber schon so groß geworden, dass sich bisher über 26.000 von ihnen über eine App einer Sammelklage angeschlossen haben.
Vor dem nächsten Handelsstart hat die US-Börsenaufsicht SEC noch einmal bekräftigt, die Vorgänge rund um die Gamestop-Spekulation zu untersuchen, und sie versprach auch, die Kleinanleger zu schützen, wenn die Fakten auf manipulative Handelsaktivitäten hinweisen sollte. Die SEC werde weiter für “faire, ordentliche und effiziente Märkte” sorgen.
Wegen der großen Aufregung richtete die Börsenaufsicht ein spezielles Online-Formular ein und forderte geschädigte Anleger auf, sich per Email oder Telefonhotline bei der SEC zu melden. Nach Informationen des Finanzsenders CNBC waren vorgestern Nachmittag schon gut 4.000 Beschwerden dort eingegangen.