Die Bundesnetzagentur will anhand von sechs Eckpunkten den Nachweis einer Minderleistung bei Mobilfunkanschlüssen umsetzen. Weniger als 10 Prozent der vertraglichen Maximalrate sollen auf dem Land reichen.
Für den Nachweis von zu schlechten Verbindungsleistung im Mobilfunk hat die Bundesnetzagentur jetzt die ersten Vorschläge vorgestellt. “Mit den Eckpunkten starten wir den Diskussionsprozess für die geplanten Regelungen zum Minderungsrecht für Mobilfunk-Internetzugänge”, sagte ihr Präsident Klaus Müller gestern. Ziel soll es sein, “am Ende dieses Prozesses den Verbrauchern zu helfen, ihre Rechte zukünftig auch im Mobilfunk geltend machen zu können”.
Merkwürdig nur: Gerade in ländlichen Gebieten sollen sich die Kunden nur mit 10 Prozent (und an 2 von 5 Tagen noch weniger) der vereinbarten Maximalrate zufriedengeben.
Hinter der Diskussion stecken die neuen Verbraucherrechte im Telekommunikationsgesetz (TKG), welche den Verbrauchern das Recht einräumen, das vertraglich vereinbarte Entgelt für ihren Internetzugang zu mindern oder den Vertrag außerordentlich und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bei Minderleistung zu kündigen.
Genau wie im Festnetz mithilfe der Desktop-App will die Bundesnetzagentur auch für den Mobilfunkbereich eine entsprechende Software anbieten.
Ein totgeborenes Kind, das sich im Sande verlaufen hat
Allerdings könne im Mobilfunk “nicht auf bereits bestehende Erfahrungen in Bezug auf die Konkretisierung einer solchen Minderleistung sowie die Entwicklung eines Überwachungsmechanismus zurückgegriffen” werden, heißt es in einem 14-seitigen Eckpunktepapier dazu. Die sechs Eckpunkte betreffen danach:
- Mobilfunkaspekte
- Ausgestaltung des Überwachungsmechanismus im Mobilfunk
- Messaufbau
- Minderleistung
- Funktionsweise des mobilen Überwachungsmechanismus
- Erfassung Endkundenmessumgebung
Wer zahlt für 10 Brötchen und akzeptiert dafür weniger als eines?
Das macht sehr deutlich, dass es schnelles 5G-Internet für Mobilgeräte im Grunde nur in den Großstädten gibt – auf dem Lande ist 5G meist langsamer als der Vorläufer 4G, was letztlich mit dem Ausbreitungsverhalten der genutzten Frequenzen zu tun hat.
So sieht die Bundesnetzagentur “die Eigenschaften des Mobilfunknetzes, das Nutzungsumfeld des Endkunden sowie die Definition des geschätzten Maximalwertes als mögliche Parameter an, die abweichende Regelungen rechtfertigen könnten”. Das betrifft zum Beispiel den Standort des Mobilfunkmastes, weil in ländlichen Regionen eher niedrige Frequenzen mit höherer Reichweite und dafür aber leider deutlich geringerem Datendurchsatz verwendet würden.
Auch die Messung mobiler Geräte ist echt problematisch
Beim Überwachungsmechanismus beabsichtigt die Regulierungsbehörde, “das Messkonzept an der auf dem Mobilfunkmarkt derzeit vorherrschenden Situation eines bundeseinheitlich angegebenen Maximalwertes auszurichten”, was praktikabler sei, als lokal unterschiedliche Werte vertraglich vorzugeben.
30 Messungen an 5 Tagen
Zum Messaufbau sollen dann 30 auf fünf Kalendertage zu je 6 Messungen pro Kalendertag verteilte Messungen erfolgen, “wobei zwischen der dritten und vierten Messung eines Messtages eine dreistündige Pause, zwischen allen übrigen Messungen eine fünfminütige Pause vorzusehen ist”.
Die Minderleistung soll dann so festgelegt werden: “Bei der Wahl eines Einheitswertmodells sollte als inhaltlicher Faktor für eine erhebliche Abweichung ein Abschlag in städtischen Bereichen von 75 Prozent, in halbstädtischen Bereichen von 85 Prozent und in ländlichen Bereichen von 90 Prozent von der vertraglich vereinbarten maximalen Geschwindigkeit im Down- und Upload angenommen werden.”
Somit wäre eine “erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßige Abweichung bei der Geschwindigkeit” gegeben, “wenn nicht an drei von fünf Messtagen jeweils mindestens einmal in städtischen Bereichen 25 Prozent, in halbstädtischen 15 Prozent oder in ländlichen 10 Prozent der vertraglich vereinbarten geschätzten Maximalgeschwindigkeit erreicht würden”.
Und das ist ein echter Offenbarungseid von Firmen wie der Telekom, die deutschlandweit mit dem angeblich „besten“ 5G-Netz auf Kundenfang sind. Denn es bedeutet ja, dass auch eine Minderleistung von unter 10 % der versprochenen (und bezahlten!) an zwei von 5 Tagen geliefert wird, gibt es noch kein Geld zurück!
Die bisherige App soll entsprechend erweitert werden
Um den Nachweis der Minderleistung zu erbringen, will die Bundesnetzagentur die mobile Variante der Breitbandmessungs- bzw Funkloch-App als Basis nutzen, die App aber um weitere technische Funktionen erweitern.
Vor der Messung solle dann den Nutzern mitgeteilt werden, welche geschätzten Maximalwerte sie abzüglich der Abschläge für die geografischen Bereiche (städtisch, halbstädtisch, ländlich) erwarten könnten. Ich vermute, wenn die das wirklich lesen, stellen sie den Versuch sofort ein…
Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Messumgebung soll natürlich genau wie beim Festnetz beim Kunden liegen!
Sprüche wie schon vor Jahrzehnten vom “Gilb”
Die Behörde räumt dazu sogar selbst ein, dass die Abschläge bei der Leistung von bis zu 90 Prozent hoch erscheinen könnten. “Angesichts der oft vereinbarten maximalen Geschwindigkeiten von mehreren Hundert Mbit/s ergeben sich auch bei solchen Abschlägen für die meisten Endkundinnen und Endkunden noch hohe Datenübertragungsrate”, ist in der Mitteilung zu lesen.