Die EU arbeitet gerade an ihrer Urheberrechtsreform, was für viele Webworker, besonders aber für die Software-Entwickler interessant sein dürfte. Jetzt zeigt sich, dass die deutsche Bundesregierung Software-Entwicklern die Rechte der anderen Kreativen mit allen Mitteln verweigern will und vor negativen Folgen der EU-Urheberrechtsreform für Software-Unternehmen warnt. Der Zusammenhang soll hier kurz erklärt werden.
Worum es dabei geht
Hintergrund der Verweigerung sind die angedachten Änderungen im Urhebervertragsrecht durch den schon im September beschlossenen Entwurf aus dem Europaparlaments.
“Neben dem Auskunftsrecht wird ein Rückholanspruch diskutiert. Dann könnte ein Software-Entwickler die Weiterverwertung untersagen, ein ganzes Programm würde völlig unbrauchbar”, erklärte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) dem Springerblatt Welt. Es gebe “eine riesige Verunsicherung in der Software-Szene. Man fürchtet einen massiven Standortnachteil, wenn das so durchgeht.”
Mit seinem Entwurf will das Europaparlament die Rechte von Urhebern in der Kreativwirtschaft stärken. Deshalb ergänzten die Abgeordneten die Artikel 14 bis 16 um mehrere Passagen.
Beispiele für die Neuerungen
Danach könnte ein Buchautor zum Beispiel die Verwertungsrechte an einem Text zurückfordern, wenn ein Verlag als Rechteinhaber das Buch aus dem Sortiment genommen hat und damit sein Recht nicht mehr verwertet.
Auch hätte ein Schauspieler einen Anspruch darauf, über jede Ausstrahlung (=Verwertung) eines Films informiert zu werden, in dem er mitgespielt hat.
Folgen für Rechte an programmiertem Code
Weil auch Software-Entwickler zu den Urhebern zählen, würden sich diese erweiterten Rechte dann auch auf den von ihnen geschriebenen Code auswirken. “Sie können jederzeit anlasslos Auskunft einfordern, was aus dem von ihnen programmierten Code geworden ist, selbst wenn der nur sehr kurz ist. Das wäre ein bürokratisches Monster”, warnte Minister Braun.
Nach dem Gesetzentwurf kann ein Entwickler die Nutzung seines Codes verbieten, “wenn das Werk oder der sonstige Schutzgegenstand nicht verwertet wird oder die regelmäßige Berichterstattung gemäß Artikel 14 kontinuierlich ausbleibt”.
Unternehmen drohen mit Abwanderung aus der EU
Braun will nach eigenen Angaben schon Hinweise von Firmen erhalten, die sich unter solchen Umständen dann aus Europa zurückziehen wollten, um ihre Software-Entwicklung in einem Rechtsstandard außerhalb der EU zu verlagern, wo es es dieses Problem nicht gebe.
Auch der IT-Branchenverband Bitkom hatte die Pläne schon im Juni kritisiert und deutlich gewarnt: “Damit würde in die Vertragsfreiheit einer Branche eingegriffen, ohne dass ein Regelungsbedarf besteht.”
Minister Braun strebt jetzt offenbar nach Ausnahmen für Software-Entwickler. In den laufenden Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und Ministerrat will er sich “auf allen Ebenen” dafür einsetzen, dass Software-Entwickler aus dem Katalog der Rechte herausgenommen werden.
Das bringt natürlich auch Begehrlichkeiten in anderen Branchen: Nicht nur die Software-Branche kämpft um Ausnahmen – auch die Musiklabels verlangen schon Abstriche bei den Rechten, liest man im Portal Netzpolitik.org.